Marina Khalidova die Gründerin und Leiterin der Familien-AIDS-Hilfe „Novoye Vremya“ ist am 09.12.2021 verstorben.

Marina Khalidova

* 13.01.1961   † 09.12.2021

Am Donnerstag, dem 9.12.2021 erreichte den Freundeskreis Wuppertal – Jekaterinburg aus Jekaterinburg eine sehr traurige Nachricht: Die engagierte und mutige Ärztin Marina Khalidova war am Morgen verstorben. Schuld war eine Coronainfektion. Was für eine Grausamkeit: Sie, die ihr Leben dem Kampf gegen die HIV-Pandemie gewidmet hat, wird mit gerade einmal 60 Jahren Opfer der aktuellen Coronavirus-Pandemie!

Sie hatte als Ärztin im Krankenhaus in Jekaterinburg gearbeitet und wurde Zeugin der zunehmenden HIV-Infektionen. Erst infizierten sich Drogengebraucher, die infizierten ihre Frauen und über sie wurden während der Schwangerschaft Kinder angesteckt. Es gab keine ausreichende Unterstützung für die betroffenen Familien. Und es gab keine Aufklärung, um weitere Ansteckungen zu verhindern. Marina gründete 1999 die Familien-AIDS-Hilfe Novoye Vremya (Neue Zeit). Obwohl das Thema so angstbesetzt war, dass man „HIV“ nicht an die Tür schreiben konnte, baute sie neben der sozialen und finanziellen Unterstützung notleidender Familien pädagogische, psychologische und Gruppen-Angebote für von HIV betroffene Kinder und ihre Eltern auf. Sie beriet die Familien medizinisch und unterstützte sie gegen die im staatlichen Hilfesystem erfahrenen Diskriminierungen. Trotz Behinderung durch Staat und Kirche versuchte sie immer wieder, Aufklärung und Prävention voranzutreiben. Sie vernetzte sich mit Gleichgesinnten und stellte ein Team von engagierten Mitarbeiter*innen zusammen. Auch ihre beiden Kinder Olga und Ilja unterstützten sie zeitweise in ihrer Arbeit.

Selbst die Tatsache, dass sie wegen ihrer Förderung durch „Brot für die Welt“ als „feindlicher Agent“ eingestuft wurde, hinderte sie nicht daran, sich mutig und voller Tatkraft weiter für ihre Einrichtung und ihre Familien einzusetzen sowie neue Projekte wie eine Datscha als Erholungs- und Erlebnisort für die Familien in Angriff zu nehmen.

Sie bewunderte den deutschen Umgang mit HIV/AIDS, fuhr zum Austausch nach Deutschland und veranstaltete Seminare mit deutschen Fachleuten.

Seit 2006 besteht der Kontakt zur HIV/AIDS-Beratung und –Koordination im Gesundheitsamt Wuppertal und dem Freundeskreis Wuppertal-Jekaterinburg. Mehrfach war sie zu Besuch in Wuppertal, zunächst allein, später einmal mit 12 Fachkräften, einmal mit HIV-infizierten jungen Müttern und zuletzt mit 12 HIV-betroffenen Jugendlichen. Jedes Mal lernten sie und ihre Delegationen während des Fachprogramms verschiedene Einrichtungen und engagierte deutsche Kolleg*innen in NRW kennen, mit denen sie sich interessiert austauschte. Mit dem Freundeskreis, der ihre Arbeit unterstützte, fand immer ein Treffen statt. Und ein wichtiges Ziel jeder Reise des Freundeskreises nach Jekaterinburg war Novoye Vremya.

So ist über die Jahre die Freundschaft mit dieser starken, mutigen, zielstrebigen aber ebenso humorvollen und familiären Frau gewachsen. Marinas Tod hinterlässt auch bei ihren deutschen Freunden tiefe Traurigkeit und eine große Lücke.

Ihrer Nachfolgerin Olga Gasan wünschen wir viel Erfolg.


v. l. n. r. Barbara Binner, Marina Khalidova, Vera Antonova beim Empfang des OB Mucke 2019